Geschichte findet in der Heimat der Menschen statt

Geschichtsverein seit fünfzig Jahren sehr aktiv

Zur aktuellen Bedeutung von Heimatgeschichte

Wie sich Alt-Ob Rupert Kubon dazu positioniert

Von Norbert Trippl

VS-Villingen – Wer sich noch an seinen Geschichtsunterricht erinnern kann, dem fallen vielleicht noch ein paar alte Daten aus seiner Jugend ein, der Thesenanschlag Martin Luthers 1517 oder der erste Weltkrieg von 1914 bis 1918 . Aber wer während seines Urlaubs in der Türkei, in Griechenland, in Italien ein paar beeindruckende Tempelruinen und ganz in der Nähe die Pfahlbauten am Bodensee oder die Vogtsbauernhöfe besucht hat, möchte vielleicht doch etwas mehr wissen als das, was die mitunter dürftigen Erläuterungen hergeben. Nicht selten ärgert man sich, die Zusammenhänge nicht zu kennen, gerade dann, wenn die Besuche Eindrücke hinterlassen, die nachhaltiger waren als so manche Geschichtsstunde in der eigenen Jugend. Der Grund dafür liegt auf der Hand. Geschichte, ereignet sich immer an ganz konkreten Orten. Geschichte ist nicht virtuell, sondern ganz konkret.

Geschichte ereignet sich dort wo Menschen in Gemeinschaften mit Anderen zusammenleben, wo sie Konflikte austragen und Lösungen für gemeinsame Probleme finden. Gleichzeitig sind die Orte an denen dies stattfindet immer auch Heimatorte für Menschen. Immer wird aus dem Zusammenwirken dieser vielen einzelnen Geschichten Geschichte und Geschichtsschreibung. Historiker, also Geschichtswissenschaftler, sammeln Geschichten und stellen sie in Zusammenhänge. Doch damit das möglich wird, kommt es auf die konkrete Geschichte vor Ort an. Deshalb ist Heimatgeschichte so wichtig. Deshalb sieht sich der Geschichts- und Heimatverein Villingen mit seinen über 500 Mitgliedern hier in einer sehr wichtigen Aufgabe. Unter anderem 120 mehrtägige Exkursionen und 700 Vorträge, ganz überwiegend von Mitgliedern organisiert und durchgeführt, in den letzten 50 Jahren belegen, dass hier auch viel persönliches Engagement am Werk ist.

Die vielen Heimatforscher, die in den vergangenen fünfzig Jahren mit großem Fleiß ihren Beitrag zur Villinger Geschichtsschreibung geleistet haben, versuchten immer auch aufzuzeigen, wo die lokale Geschichte in größere Zusammenhänge und Prozesse eingebunden ist.

Der neue Vorsitzende des Vereins, Rupert Kubon, hat sich auf die Fahnen geschrieben, mehr Menschen von der Bedeutung der Heimatgeschichte zu begeistern: „Um sich mit Heimatgeschichte zu befassen, braucht es zunächst keine besonderen Vorkenntnisse. Wer Heimatgeschichte betreibt, sollte lediglich Interesse am Suchen und die Bereitschaft mitbringen, Dinge wahrzunehmen, die nicht sofort mit meinen aktuellen Denkmustern übereinstimmen.“, meint der Alt-OB und studierte Historiker, der damit versucht, den Menschen die Hemmschwelle vor einer Beschäftigung mit Heimatgeschichte zu nehmen. „Vielleicht beginnt man einfach einmal damit alte Zeitungen durchzublättern und zu lesen. Ein Ansatzpunkt kann die Ausgabe des eigenen Geburtsdatums sein. Wenn diese Lektüre Neugier weckt, ist der erste Schritt auf dem Weg zur Heimatforscherin oder zum Heimatforscher bereits getan.“ Auch der Südkurier bietet dazu gerne die Möglichkeit.

Wer dann auf Fragen stößt, die sich aus der Lektüre ergeben haben, kann an den zweiten Schritt gehen. Man kann beispielsweise im Stadtarchiv Villingen-Schwenningen andere alte Dokumente, sogenannte Quellen, suchen. Das können so unterschiedliche Dinge sein, wie die Protokolle von Ratssitzungen oder historische Wetterberichte. Vielleicht finden sich ja auch alte Bilder oder Fotografien. Der letzte Schritt besteht darin, das, was man herausgefunden hat, zu Papier zu bringen, und vielleicht sogar zu veröffentlichen.

Kubon wirbt dafür, sich einmal das Jahresheft des Geschichts- und Heimatvereins anzusehen. Es ist online unter https://www.ghv-villingen.de/schriften/ zugänglich und bietet im Archiv über Stichworte einen hervorragenden Zugang zu fünfzig Jahren Heimatgeschichtsschreibung über Villingen.

Besonders spannend wird Heimatgeschichte dort, wo sie auf andere „Heimatgeschichten“ trifft. Bei der Begegnung mit Zuwanderern in unsere Stadt finden unterschiedlichen Geschichten zueinander, lauter Heimatgeschichten. Das war übrigens schon in früheren Jahren so. Die Geschichte der Schwarzwaldbahn ist auch eine Geschichte der Begegnung unterschiedlichster Heimatgeschichten. Schon damals waren zahlreiche italienische „Gastarbeiter“ im Einsatz und halfen mit, dieses wichtige Infrastrukturvorhaben zu verwirklichen. Bis heute lässt sich dies an Worten, die in unsere Alltagssprache Eingang gefunden haben ablesen. Der Fastnachtsverein der Villinger Fazenedle etwa greift das italienische Wort Fazzoletto, Taschentuch, auf und gestaltet daraus sogar sein Häs aus lauter bunten kleinen Taschentüchern. Das italienische Wort fand dank der italienischen Zuwanderer Eingang in unseren heimatlichen Wortschatz.

Dieses Beispiel zeigt, dass Heimat sich fortlaufend verändert. Entsprechend bleibt auch Heimatgeschichte spannend. Der Geschichts- und Heimatverein Villingen lädt deshalb in seinem Jubiläumsjahr dazu ein, sich mit Heimatgeschichte zu beschäftigen, neue Mitglieder sind willkommen und finden Unterstützung, wenn Sie sich auf die Suche nach Heimatgeschichten machen. Am 24. Oktober findet dazu gemeinsam mit dem SÜDKURIER und der Sparkasse Schwarzwald-Baar in der Neuen Tonhalle eine Podiumsdiskussion mit Landtagspräsidentin Muhterem Aras und dem Kulturwissenschaftler und Fastnachts-Forscher Werner Mezger statt.

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